Es geht los

Am Morgen erhalte ich, bald nach dem Frühstück, noch bevor der Arzt da war, zweimal einen Liter einer Infusion. Ich halte es zuerst für die erste Gabe der Chemotherapie, aber es ist nur Ringer-Lösung, eine Art physiologischer Kochsalzlösung.

Das erste Chemo-“Paket” kommt ca. 11:30 Uhr. Durch einen Apparat gesteuert, fließt der Liter “Cytarabin”-Lösung (genau genommen 1l Kochsalzlösung mit etwa 40ml Cytarabin-Loesung) im Lauf von drei Stunden in meinen Körper. Der erste Liter Ringer-Lösung hatte es in der halben Zeit geschafft. Aber Cytarabin darf nicht zu hoch dosiert werden, um nicht zu viel Schaden anzurichten. Als die Menge durch ist, wird mit ca. 100ml Salzlösung das, was noch im Schlauch ist, ebenfalls in meinen Körper gespült. Dazu muss von Hand umgeschaltet werden.

Die zweite Dosis soll um ca. 21:00 Uhr kommen, aber ich werde eine knappe halbe Stunde vorher mitsamt meinem Bett zum Einsetzen eines “Zentralvenenkatheters” (ZVK) gebracht. Der Eingriff erfolgt in dieser Klinik grundsätzlich auf der Intensivstation; dadurch ist die Erfahrung an einer Stelle gebündelt.

Ich treffe gegen 20:40 Uhr dort ein, der Eingriff beginnt kurz danach. Zunächst werden die Aufbauten am Kopfende meines Bettes herausgehoben (also Kopfteil und die “Hochziehstange”), dann wird das Bett in eine für den Operateur günstige Arbeitshöhe gebracht und so eingestellt, dass mein Kopf tiefer liegt als der Rumpf. Die dadurch stärker mit Blut gefüllte Vene wird jetzt durch Ultraschall lokalisiert und mit schwarzem Stift angezeichnet (direkt daneben verläuft nämlich eine Arterie).

Dann werden die OP-Tücher darüber ausgebreitet, die mir auch die Sicht nehmen, und der Eingriff beginnt unter örtlicher Betäubung. Das Folgende entspricht dem, was ich aus den Erklärungen des operierenden Artes entnehme (und noch in Erinnerung habe): Zuerst wird mit einer Hohlnadel eingestochen; eine kleine Blutentnahme verrät durch ihren Sauerstoffgehalt, dass man wirklich die Vene hat und nicht die erwähnte Nachbararterie. Durch die Nadel wird ein Draht bis in die Zielregion vorgeschoben. Die Nadel wird entfernt (der Draht steht noch mindestens 10cm heraus) und stattdessen ein Schlauch über den Draht gezogen. Da der dicker ist, muss die Wunde aufgedehnt werden (was sich trotz der örtlichen Betäubung unangenehm anfühlt). Der Schlauch wird mit einer Art Clipverschluss befestigt (und vermutlich gekürzt), der Draht entfernt, der Clipverschluss an der Haut festgenäht. Nach Wundversorgung und Entfernen der OP-Tücher habe ich wieder freien Blick auf die Wanduhr: Der Eingriff hat etwa 35 Minuten gedauert.

Mein Bett wird wieder in die Horizontale gebracht, Stange und Kopfteil montiert, das Kopfende hoch gestellt, und der Krankentransportdienst gerufen. Der lässt einige Zeit auf sich warten; die ich von dem Mann erfahre, sind sie derzeit nur zu dritt. Er bringt mich zum Röntgen und ein paar Minuten später auf die Station zurück. Unterwegs hat er schon den nächsten Auftrag erhalten: Frau mit Kind vom Kreißsaal in die Entbindungsstation.

Irgendwann nach 22:00 Uhr steht mein Bett wieder an gewohnter Stelle; meine Zimmernachbarn scheinen noch beide wach zu sein.

Um 23:15 Uhr beginnt die Chemo (wie das abläuft, steht weiter oben), zum ersten Mal durch den ZVK.

ZVK im Einsatz

Geschlafen habe ich in dieser Nacht zwischen 01:00 und 02:00 Uhr, und ab etwa 04:30 Uhr. Der ZVK verursachte doch einige Probleme, die sich aber im Laufe von ca. 24 Stunden beruhigen.

Als gegen 07:00 Uhr die Schwestern kommen, bin ich gerade auf Toilette.